
Bei unserem Besuch in Kisumu im August 2025 hat mich eine Begegnung besonders berührt – die Geschichte des kleinen John, die ich heute mit euch teile.
John ist sieben Jahre alt und besucht die höchste Klasse unserer Schule. Ein Kind mit einem wachen Blick, einem schüchternen Lächeln und einer Entschlossenheit, die man selten bei Kindern seines Alters sieht. John lebt mit seiner Großmutter und seinem Vater weit entfernt von der Schule. Früher wohnten sie nahe bei uns, in einer einfachen Baracke. Doch als sie die Miete nicht mehr aufbringen konnten, mussten sie auf ein kleines Stück Land umziehen, das der Großmutter gehört. Dort steht ihre ärmliche Lehmhütte – ihr Zuhause, ihr letzter Rückzugsort.
Unser Team bemerkte, dass John täglich 1,5 Stunden zu spät kam. Gerade rechtzeitig zur ersten Pause, wenn es den Haferbrei für alle Kinder gibt. Er bedankte sich immer so auffallend herzlich für das Essen. Schließlich fanden wir heraus, warum: John ging jeden Morgen zwei Stunden zu Fuß – auf nüchternen Magen. Nach dem Unterricht wartete derselbe Weg auf ihn zurück, und zu Hause musste er dann noch Wasser aus einem entfernten Brunnen für den Haushalt holen gehen.
Als ich davon erfahren habe, wollte ich diesen Weg gehen, Johns Weg.
Wir holten ihn früh am Morgen bei seiner Hütte ab. Der Vater, von Depression gezeichnet seit dem Weggang seiner Frau, findet keine Arbeit mehr. Die Großmutter wäscht Wäsche, um das Nötigste zu verdienen. Rund um das kleine Zuhause ist jedes Fleckchen Erde bepflanzt – Gemüse als Überlebensversicherung. John hatte seine neue Schuluniform und die neuen Schuhe an, die wir ihm geschenkt hatten. Ich hatte ihm auch Frühstück mitgebracht.

Zusammen mit Moses, unserem Leiter in Kisumu, machten wir uns auf den Weg. Anfangs war John fröhlich – bis er merkte, dass er nicht in unser Auto steigen durfte, sondern die Strecke zu Fuß gehen musste. Dann war er richtig verärgert auf uns, vielleicht auch verletzt. Ich versprach ihm, dass dies der letzte Tag sein würde, an dem er diesen Weg zu Fuß gehen müsse.

Wir liefen, bogen von der Hauptstraße ab und folgten endlosen Feldwegen. John ging unbeirrt, als kenne er jeden Stein. Doch bald wurde uns klar: Etwas stimmte nicht. Der Weg war viel zu weit und die Richtung stimmte nicht. Als wir ihn danach fragten, sagte er: „Meine Großmutter ist einmal mit mir gegangen.“
In diesem Moment zog sich mein Herz zusammen. Der kleine Bub hatte sich verirrt – an seinem allerersten Schultag. Weil ihn niemand abholen konnte, hatte er sich seinen eigenen Weg gesucht und gemerkt: Einen riesigen Umweg, der seinen Schulweg drei- bis viermal verlängerte. Ein halbes Jahr lang war er so gelaufen – allein, bei Sonne, Regen, Staub und Hunger.
Als wir das realisiert hatten, hätte ich bei jeden weiteren Schritt weinen können, über das Verlassen sein aber auch den Mut des kleinen Buben.
Heute muss John den Weg nicht mehr gehen. In Österreich hat sich jemand gefunden, der seinen Transport mit dem Moped bezahlt – zehn Euro im Monat. Für uns eine Kleinigkeit, für John alles.
Manchmal denke ich, dass jeder Mensch seinen Kreuzweg trägt. Doch Johns Weg, dieser kleine Kreuzweg eines Kindes, zeigt uns, was Mut bedeutet – und wie wenig es braucht, um ein Leben zu verändern.
Claudia Schmidt


Ein Dauerauftrag über € 10 jeden Monat verändert das Leben unserer Kinder in Kisumu!
Wir freuen uns über jeden Beitrag! Bitte hilf uns, den Kindern zu helfen.
Spendenkonto: Migosi Family Hope Austria
IBAN AT59 2011 1288 3595 8700
Herzlichen Dank für deine/Ihre Hilfe! Sie kommt den Kindern direkt zugute. 😊
Deine Spende ist steuerabzugsberechtigt. Dazu benötigen wir den vollständigen Namen und das Geburtsdatum des Spenders.